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Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau: Endstation im Erziehungssystem der DDR

Auch über dreißig Jahre nach dem Niedergang der DDR sind die Spuren der Deutschen Demokratischen Republik in vielen Köpfen der Kinder und Jugendlichen, die in dem System der politischen Kollektiverziehung groß geworden sind, immer noch zu finden.

Die Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau steht heute symbolisch für die repressiven Machtstrukturen innerhalb des Bildungs- und Erziehungsapparates der DDR und erzählt von einer unmenschlichen Umerziehungspraxis, in den Jugendwerkhöfen und Spezialkinderheimen, welche etwa 135 000 Kinder und Jugendliche durchmachen mussten.

Eine politische Erziehung

Wie ebenso in anderen repressiven politischen Systemen nahm die Kindererziehung einen hohen Stellenwert in der DDR ein. Der Staat engagierte sich, natürlich nicht ganz uneigennützig, mit einem massiven Ausbau von Kinderkrippen und Kindergärten. Auf diese Weise sollte man so früh wie möglich in ein Kollektiv von politisch-ideologischen Erziehungsprogrammen eingebunden werden. Ziel dieser Bemühungen war die Schaffung einer neuen Gesellschaftsordnung, in der alle Bürger „vollwertige Mitglieder der sozialistischen Gesellschaft“ sein sollten.

Leistung und Disziplin, als die wichtigsten politischen Tugenden, und die Unterordnung des Individuums gegenüber dem Kollektiv waren dabei die Eckpfeiler dieser politischen Erziehung, um die gewünschte sozialistische Persönlichkeit zu formen. Ein abweichendes, gar nonkonformistisches Verhalten durch die Kinder und Jugendlichen oder das Verfehlen der sozialistischen Erziehungsziele durch die Eltern ließ die Jugendhilfe des Ministeriums für Volksbildung in Aktion treten, welche für die Regelung solcher „Problemfälle“ zuständig war.

Endstation Geschlossener Jugendwerkhof Torgau

Der Jugendwerkhof Torgau war die einzige geschlossene staatliche Heimeinrichtung und bildete die sogenannte Endstation im Erziehungssystem der DDR. Untergebracht in einem ehemaligen Gefängnisgebäude hatte der geschlossene Jugendwerkhof Torgau mit seinen hohen Mauern, vergitterten Fenstern und Scheinwerfern nichts mit den anderen staatlichen Heimen gemeinsam. Die in Torgau untergebrachten Jugendlichen wurden aus anderen Heimen überstellt, wo sie vorher negativ aufgefallen waren. Das Vorliegen einer nennenswerten Straftat, eines richterlichen Beschlusses oder gar das Einverständnis der Eltern brauchte es jedoch für die Überstellung nach Torgau nicht.

Von der Außenwelt abgeschnitten und unter haftähnlichen Bedingungen sollte die Disziplinierungseinrichtung dafür sorgen, dass den Jugendlichen innerhalb von nur wenigen Monaten sämtliche „individualistische Gerichtetheiten“ ausgetrieben wurden. Das Konzept der Kollektiverziehung setzte sich dabei aus einem engmaschigen Netz aus Disziplin und Ordnung sowie Kontrolle und Bestrafung zusammen: Gelobt und bestraft wurde nicht einer, sondern alle.

Bis zu seiner Schließung im November 1989 wurden insgesamt 4.046 Jugendliche in den geschlossenen Jugendwerkhof Torgau überstellt.

Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau
Quelle: PeterBraun74, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons

Die Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau steht heute als Ort der Erinnerung und dokumentiert mit ihrer Dauerausstellung „Ich bin als Mensch geboren und will als Mensch hier raus!” die repressiven Machtstrukturen innerhalb des Bildungs- und Erziehungsapparates der DDR, erinnert an die jugendlichen Opfer und thematisiert aktuelle Diskurse zur Heimerziehung.

Die Hearonymus-App und der Audioguide „Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau“ begleiten den Besucher durch eines der bedrückendsten Kapitel der DDR-Heimerziehung. Die App kann kostenlos über den App Store oder über Google Play geladen werden. Der Audioguide „Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau“ ist auf Hearonymus ebenfalls kostenlos erhältlich.

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Geschlossener Jugendwerkhof Torgau