Eigene App? Ja oder Nein?
Internet, Smartphone und Apps gehören längst zu unserem Alltag. Das Internet hat sich inzwischen sogar zur Informationsquelle Nummer 1 für fast alle Lebensbereiche entwickelt. Die meisten Unternehmen in den Bereichen Kultur, Tourismus und Freizeitwirtschaft haben darauf reagiert und verfügen über eine eigene Website, damit sie einfach und schnell gefunden werden können. Immer mehr Institutionen überlegen nun, ob sie nicht zusätzlich eine eigene App anbieten sollen, um auch auf mobilen Geräten noch besser vertreten zu sein.
Betrachtet man die Nutzung von Smartphones, so zeigt sich, dass nur ein kleiner Teil – nicht ganz 10% – “Surfen im Internet” ausmacht. Zum sehr viel größeren Teil – nämlich über 90% – werden auf dem Smartphone Apps genutzt.
Diese Verteilung spricht zunächst für eine App. Die folgenden drei Punkte behandeln weitere Aspekte, die vor dem Start eines App-Projekts bedacht werden sollten.
Das Nutzerverhalten, die aktuelle Situation der App-Stores, sowie wirtschaftliche Fragen sollten in die Überlegungen zur eigenen App miteinbezogen werden:
1. Nutzerverhalten: Smartphone-User werden zunehmend kritischer und überlegen mittlerweile genau, ob und welche Apps sie auf ihren Geräten installieren. Eine Studie von “Adobe Digital Insights” zeigt, dass in den USA die Zahl an App-Neuinstallationen seit 2014 um fast 40% zurückgegangen ist. Die User wollen nicht für jedes Museum, jede Stadt, jedes Schloss oder jede Sehenswürdigkeit eine eigene App installieren müssen. Es wird immer schwerer, mit einer eigenen App überhaupt auf Smartphones zu kommen. Apps werden installiert, weil sie einen Nutzen haben, also eine ganz konkrete Funktion bieten.
Deshalb muss eine Frage lauten: Bringt meine App dem Benutzer einen echten Mehrwert, ist sie nur eine Spielerei oder werden Dinge gezeigt, die man auch im Internet finden kann? Informationen zur eigenen Institution und dem Angebot lassen sich einfacher und günstiger auf das Smartphone bringen, ganz ohne App und zwar mit einer mobilen Website.
2. Die App-Stores: Im Moment sind etwa 3,3 Millionen Apps für Android-Geräte verfügbar und etwa 2,2 Millionen für Apple-Geräte. Damit wird es immer schwieriger, in den Stores überhaupt bemerkt zu werden und Funktionen zu finden, die nicht bereits von anderen Apps abgedeckt werden. Diese Punkte machen es heute für neue Apps zigfach schwerer installiert zu werden, als es noch vor einigen Jahren war.
3. Wirtschaftliche Aspekte: Eine eigene App kostet Kultur-, Tourismus- oder Freizeit- Institutionen viel Geld. Nicht nur die Konzeption und Erstumsetzung, sondern auch Wartung, Aktualisierung und Bewerbung fallen ins Gewicht. Die Kosten für Software- Updates werden bei der Planung oft nicht berücksichtigt. Diese sind jedoch unvermeidbar, da die Betriebssysteme der Smartphones regelmäßig verbessert werden und die Apps entsprechend angepasst werden müssen.
Insgesamt sollte man nur dann eine eigene App andenken, wenn man damit der Zielgruppe einen Nutzen bringt, den bisher noch keine App bietet und wenn man ausreichend Geld für Erstellung, Software-Updates und die Bekanntmachung der App zur Verfügung hat.
Will man Besuchern günstig bestimmte Funktionen anbieten, so gibt es zahlreiche Plattform-Apps, die sich auf diese Funktionen spezialisiert haben. Tickets kaufen, Fotos posten, chatten, Multimediaguides, Zimmer reservieren, Online-Shops, Rundgänge, Wegbeschreibungen, Wanderrouten, … gibt es bereits auf Plattform-Apps. Diese sind günstiger als eine App, ausgereifter und die regelmäßigen Updatekosten trägt der Plattformbetreiber. Im Idealfall hat der Besucher die App schon auf seinem Smartphone installiert. Außerdem können durch Netzwerk-Effekte auf Plattformen neue Besucher gewonnen werden.
Eine eigene App? Eher nein.
Lieber mobile Websites oder Plattform-Apps – wahrscheinlich Beides.